Intro Juli 2013

Personenkult ist nervig und anstrengend. Regionaler Personenkult, der ausschließlich in der Social Media impliziert und gefeiert wird ist noch nerviger, anstrengender und vor allem einfach nur peinlich. Auf Facebook zum Beispiel ergänzt sich das ganz gut. Es gibt zahllose Nutzer auf der Suche nach "coolen" Leuten an deren Social Media Ruhm sie teilhaben können - und es gibt einige Nutzer die eigentlich Vollzeitlappen sind, sich aber gerne im Internet als dicken Chabo feiern lassen. Ach ja, und dann gibt es noch DJs - DJs, die wahrscheinlich in den Rave Jahren Anfang der 90er gerade mal "released" wurden. Hipster DJs, die gerade mal um die 23 sind aber mit 32 bei einem Glas Wein über ihre maximal fünfjährige Rave Karriere philosophieren. DJs, die mit Anfang 20 über 18 jährige auf Partys abkotzen und sich postwendend die "guten alten Zeiten" zurückwünschen. DJs, die immer über den Zusammenhalt der Szene in Wir-Form reden aber stets in der Ich-Form handeln. DJs, die sich mehr mit Mode und Styling beschäftigen als mit Musik. DJs, die als Trendsetter gefeiert werden möchten und sich dementsprechend mit ihren Facebook Profilen brüsten und aufgeilen. Und wenn man das alles so mitbekommt fängt man auf einmal an, die alte DJ Schule zu vermissen. DJs, die Deo Allergiker mit ausgeprägtem Keirospasmus waren. DJs, die das Auflegen als Passion und nicht als Trend lebten. DJs, die einem virtuell nicht auf den Sack gehen und DJs, die sich nicht ständig selbst Feiern müssen sondern sich als Teil eines großen Ganzen sehen. DJs, die keine goldenen Stecker und meterlange Kabel brauchten sondern einfach gute Platten gespielt haben. Und vor allem DJs, die nichts vom Auflegen abhalten konnte. MacGyver Style. Wenn früher mal der Sound ausfiel hieß es nur - Bring mir einen Tannenzapfen, 2 Meter Zahnseide und eine Rolle Toilettenpapier. 10 Minuten später lief wieder alles. Heute weigern sich DJs manchmal aufzulegen wenn es kein Allen&Heath Mischpult gibt, jede Anlage wird sinnloser weise mit einer FunktionOne verglichen und Monitorboxen sind grundsätzlich ein Grund zu klagen. Und obwohl heutzutage fast immer Digital aufgelegt wird, müssen viele DJs fast schon eine Spedition beauftragen um ihr ganzen Equipment in den Club zu schaffen. DJ sein bedeutet heute für viele nur eines - Lifestyle. Instagram, sehen und gesehen werden, Mode, Grafik, Style, Foodporn, hart "Raven" und so viele coole Menschen wie möglich im Umfeld haben - ob virtuell oder real, scheißegal. Stellt sich nur die Frage - wie viel Platz bleibt da noch für die Musik?

Christian Schmidt