SUBCULTURE SOUNDSESSION #35 - ALVIN KYER

Obwohl sich der Bekanntheitsgrad der meisten Stuttgarter DJs auf die lokale Club Szene beschränkt, herrscht seit jeher im Kessel in sämtlichen Musik Genres ein qualitatives Level, mit dem nur sehr wenige Szenen anderer Städte mithalten können. Damit dass auch so bleibt, präsentieren wir Euch ab sofort jeden Monat mit der subculture Soundsession ein exklusives Set aus unserer Soundcity.

 

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Hey Alvin! Auch wenn einige Leser dich bereits kennen, erzähl und doch trotzdem kurz ein paar Basic-Fakten über dich und dein DJ-Dasein.
Hey Chris! Mein Name ist Alvin Kyer, ich bin 26 Jahre alt und lege seit Zehn Jahren auf. Ich bin seit Tag Eins ein Stuttgarter Jung und treibe schon seit eh und je hier mein Unwesen.

Seit dem letzten Interview mit dir sind nun auch schon knappe zwei Jahre ins Land gezogen. Also kurz und knapp gefragt - was gibt’s Neues?
Da gibt es jede Menge! Musikalisch habe ich in den vergangenen zwei Jahren große Sprünge gemacht und mich solide weiterentwickelt. Mittlerweile hat mein Sound einen festen Stil und einen hohen Wiedererkennungswert. Jedoch finde ich es wichtig sich trotzdem immer weiterzuentwickeln und musikalisch nicht stehen zu bleiben.

Was Viele nicht von dir wissen, du hast bereits vor knapp 10 Jahren als jüngster Club-Resident im Stuttgarter M1 mit Acts wie Richie Hawtin oder Ricardo Villalobos gespielt. Gib uns doch einen kurzen Einblick in die damalige Zeit und vor allem wie es dazu kam?
Das war mit Abstand die schwerste, beste und inspirierendste Zeit meiner Karriere zugleich. Ich hatte zu der Zeit nicht viel an Equipment und es war undenkbar für mich, mit einem MacBook und NI Traktor zu spielen. Ich lernte das auflegen zu meinem Glück mit Vinyl und behielt es auch vorerst bei. Mittlerweile besitze ich knapp 3000 Schallplatten. Von der CLR 01 bis hin zur "Abendmahl" Platte von Superstar Recordings. Außerdem verhalfen mir Leute wie Tango Joshi, Jochen Holzner, Manuel Serban, Bubi Schuster, Chris Liebing, Loco Dice, Ricardo Villalobos, Adam Beyer, Gaiser und Richie Hawtin zu meiner Residency im M1. Sie gaben mir Feedback, Tipps und vor allem eine Plattform um mich zu repräsentieren. Im Prinzip dasselbe, wie es Miha und Franco heute mit der Finca tun. Ich danke diesen Menschen aus tiefstem Herzen. Ich hatte zu der Zeit den Status des jüngsten Resident DJs Deutschlands, in einem Techno Club, besser gesagt in dem Techno Club - M1 The Club. Das war für mich ein unglaublich starkes Gefühl. Ich hatte als 15 jähriger Bub, die Ehre mit den Größten der Welt zu spielen. Das vergesse ich nie! Phat Dope Shit!

Auch wenn du eine Zeit lang mal weniger Aktiv warst, hast du die Szene und Entwicklung der elektronischen Musik in Stuttgart ja immer hautnah mitbekommen. Hat sich deiner Meinung nach in den letzten 10 Jahren eine grundlegende Veränderung in der Club- und Musikszene abgespielt?
Ich hatte zudem Zeitpunkt, als das M1 für immer seine Pforten schloss, keinerlei Rückenstärkung von anderen Clubs oder Veranstaltern. Das war eine bittere und enttäuschende Zeit. Aus guten Freunden, wurden plötzlich völlig fremde Menschen. Zudem kam hinzu, dass ich unter einem Tinnitus litt. Daraufhin zog ich mich für knapp ein Jahr zurück und kam erstmal zur Ruhe. Ich sammelte mich und schaffte klare Gedanken. Ich habe trotzdem die Entwicklung der Club und Soundkultur in Stuttgart genauestens verfolgt und mir meine Gedanken als Künstler gemacht. Als ich tanzen ging, waren neben DJs wie Hawtin, Dice, Väth und Co., Acts wie zum Beispiel "Der Dritte Raum", der heißeste Shit. Derartige Acts fehlen mir irgendwie. Ich finde auch, dass qualitativ guter Sound nicht mehr wirklich wertgeschätzt wird. Früher hat man sich von der Musik beflügeln lassen und war für mehrere Stunden in einer anderen Welt. Dabei war es egal, wie der Künstler die Menschen bediente. Jetzt ist es total wichtig, wer "only Vinyl" spielt, wer die größte Bühne braucht und und und! Das ist meiner Meinung nach völliger Unsinn und das ständige Verlangen danach anders sein zu wollen um herauszustechen. Das wesentliche geht hierbei fast verloren - die Musik! Ich finde Künstler wie auch das Publikum sollten sich von einer derartigen Denkweise abkapseln und sich den Klängen öffnen. Ganz egal wie sie erzeugt werden. Ob Traktor, Schallplatte oder Ableton.

Manchmal hat man das Gefühl, dass es für viele junge DJs und Produzenten heutzutage nur noch darum geht so schnell wie möglich irgendwelche Releases vorweisen zu können. Obwohl du auch ständig im Studio bist, lässt du dir dem Veröffentlichen unglaublich viel Zeit. Liegt dies in erster Linie daran, dass du Musik hauptsächlich für dich selbst machst?
Wie schon Dr. Dre zu sagen pflegte: "taking my time, to perfect the beat". Ich mache Musik in allererster Linie nur für mich. Mir persönlich sind die Message und die Wiedergabe des Empfindens der Gefühle in einem Track sehr wichtig. Dann gibt es natürlich ein paar Grundregeln auf die man beim produzieren Acht geben sollte. Alles andere ist die pure Emotion des produzierenden Künstlers. Ich habe viele fertig produzierte Tracks im Repertoire, habe aber noch nicht das Gefühl diese veröffentlichen zu müssen. Auflegen und produzieren sind zwei Paar Schuhe, vielleicht kennst du das Phänomen, das DJs ganz anderen Sound auflegen, wie sie produzieren. Dies ist von Zeit zu Zeit auch bei mir der Fall, trotzdem bin ich 100 Prozent Alvin. Ich möchte mich als Produzent nicht festlegen und auch nicht in eine Schublade gesteckt werden und warte daher ab mit meinen Releases.

Stichwort Produzieren - mittlerweile kann jeder von zuhause aus ganz bequem mit dem Laptop Musik produzieren. Das Beherrschen eines Instruments, oder zumindest das Interesse an analoger Musik ist für Viele überflüssig geworden. Meines Wissens warst du schon immer sehr Musik-affine und spielst unter anderem leidenschaftlich gerne Klavier. Stellt dies für dich eine Art Grundvoraussetzung für einen Produzenten dar, oder nutzt du es eher als Ausgleich?
Es ist für mich persönlich nicht schlimm, einen Track im Schlafzimmer mit seinem Laptop zu produzieren. Ich kann hier im Prinzip sagen was ich will, aber eins ist klar, wer sich mal an ein Klavier gesetzt hat und auf die Tasten gehauen hat, weiß wovon ich spreche. Keine noch so gute Sample Bank, kann eine echte Schwingung ersetzen! Genauso in der elektronisch erzeugten Musik. Keine Computergesteuerte Drum-Machine oder Emulation kann eine echte Roland TR 909 oder 808 ersetzen denke ich. Ich zumindest brauche echte Tasten zum drehen und drücken. Sei es eine „Decay“ oder „Attack“ Taste, etwas anfassen zu können gibt der Sache eine gewisse Wertigkeit, eine Seele. Ein Gitarrist, der seine Riffs auf einem Keyboard spielt, ist meiner Meinung nach auch kein Gitarrist. Mittlerweile spiele ich Klavier, Schlagzeug und Klarinette und muss sagen, dass es absolut hilfreich ist. Das Innere Metronom ist einfach geeichter dadurch und man hat ein anderes Gespür für Musik, Arrangement, Ton und Klang.

Bleiben wir bei der Studio Arbeit - du beschäftigst dich im Moment ausführlich mit deinem Projekt "Alvin Live 2015". Kannst du uns dazu schon etwas erzählen?
Klar! Das ganze werde ich als KYER live präsentieren. Meine Inspiration schöpfte ich aus Kraftwerk, Jean Michel Jarre, Der dritte Raum, Anthony Rother und Depeche Mode. Allerdings wird das Ganze nicht Mainstream, sondern schön Deep und Underground. Ich möchte mit KYER live eine Art Alvin mit reduziertem Sound und verträumten Flächen darstellen und ein Paar Klassiker noch einmal ganz anders zum Ausdruck bringen. Meine Instrumente wie zum Beispiel TR 909, Access Virus Synthesizer und Doepfer Modular Systeme werden das ganze abrunden. Das analoge Live-Auftreten mit dem Auflegen zu kombinieren ist meine Arbeit in diesem Projekt - ein Liveact eben!

Kommen wir zum Schluss noch einmal auf unser schönes Stuttgart zurück. Was schätzt du an deiner Heimat besonders und welche Veränderungen würdest du dir für die nächsten Jahre wünschen?
Ich bin sehr sehr stolz ein Stuttgarter zu sein und habe hier meine Base! Ein Leben ohne Stuttgart wäre wie ein Nike ohne Air! Ich liebe unsere Partys, Partypeople und Clubs. Ich wünsche mir, dass unsere Nachtschwärmer und Tänzer sich ihre Tanzfläche da schaffen, wo sie wollen und musikalischen Änderungen, positiv entgegen sehen und nie den Respekt dem Künstler gegenüber verlieren, so wie es seither immer schon war.

Zu Guter Letzt, möchtest du noch etwas loswerden?
Ich bedanke mich für Eure Aufmerksamkeit und sehe ein lautes 2015 auf uns zukommen. Ich hoffe Schwer, immer mehr Zuhörerherzen für mich zu gewinnen und freue mich darauf, für diese zu spielen. Ich danke außerdem all meinen Zuhörern und Fans. Durch Sie schöpfe ich die meiste Energie! Am glücklichsten bin ich an dem Punkt, wo der Bass einsetzt. Da strahlt Ihr am meisten! Verliert das niemals - Euer Alvin!

www.facebook.com/AlvinKyerofficial

Christian Schmidt