Interview | Sawlin und Electric Deluxe zu Besuch im Lehmann
Sawlin dürfte spätestens seit seinen regelmäßigen Vault Series Veröffentlichungen jedem geneigten Techno Fan ein Begriff sein. Dark, Industrial und mystisch sind die Eckpfeiler des speziellen Sawlin-Sounds, den ihr am 27.Dezember im Zuge der Electric Deluxe Labelnacht im Lehmann erneut im Kessel feiern könnt. Zeit, dem in Berlin ansässigen Ronny Sawlin ein paar Fragen zu stellen…
Du bist bereits seit 14 Jahren im Musik-Business aktiv, hast ein Audio Engineering Studium abgeschlossen und jetzt dein eigenes Mastering Studio in Berlin. Erzähl und doch erst mal kurz wie du überhaupt zur elektronischen Musik gekommen bist, also quasi „wie alles begann“.
Einen genauen Anfang kann ich gar nicht ausmachen. Ich habe mich schon immer von allem was mit Musik zu tun hat angezogen gefühlt. Wichtige Momente waren z.B. die ersten Plattenspieler und die Entdeckung, wie weit mich ein Computer bringen kann um meine Ideen umzusetzen. Als ich das erste Mal eine Software sah mit der man richtig Tracks produzieren kann, war ich wie besessen. Ich hab mir einen Monat nach dem Erlebnis einen eigentlich viel zu teuren Rechner gekauft.
Im Mastering Studio beschäftigst du dich mit sämtlichen musikalischen Genres, wie wichtig ist es dir durch deine Arbeiten auch mal Abstand von der elektronischen Musik zu bekommen?
Im Moment läuft es bei meinem Mastering Studio schon auf Techno hinaus. Das hat sich so entwickelt. Das stört mich auch nicht weiter. Mein Alltag ist aber schon gespickt mir sehr viel Musik aus anderen Genres. Ich würde mich über jemand der ausschließlich elektronische Musik hört eher wundern. Vielleicht ein Teenie mit Identitätsprobleme ;) Eine gute Quelle ist dabei das Internetradio. Ich finde dass ich durch andere Genres die elektronische Musik besser beurteilen kann. Es fällt mir einfach schneller auf, dass ich hier und da eben noch nicht klar genug in meinen Songs erkennbar bin.
Deine ersten eigenen Releases kamen im Jahr 2010 heraus. Was war ausschlaggebend für dich eigene Releases herauszubringen?
Dass denkt nur ihr dass es 2010 war ;) Tatsächlich veröffentliche ich schon seit 2008. Aber das sehe ich als Vorbereitung für das, was ich mir heute aufgebaut habe. Meine Vorstellung war meine besten Werke für mich und für die Ewigkeit zu konservieren. Sprich, offiziell gelistet zu sein. Das bedeutete für mich, öffentlich mit einem gewissen Kulturkreis und einer gewissen Zeit auf ewig verbunden zu sein. Das ist mein Woodstock-Foto, das ich meinen Enkeln zeigen wollte. J
Die Meisten deiner Veröffentlichungen fanden auf dem Label Vault Series Platz, das von Subjected gegründet wurde. Was ist das besondere an Vault Series für dich und wie kam die Zusammenarbeit?
Gegründet haben wir das ja eigentlich zusammen. Wir hatten einfach das Material und eine klare Vorstellung, was das werden sollte. Wir hatten uns nicht vorstellen können, was daraus wird. Und heute steht Vault Series für klar definierten Berliner Underground. Was auch auf der hervorragenden und straighten Labelarbeit von Subjected zurückzuführen ist. Und ich kann mir bei Vault auch sicher sein, dass es auch vorrangig um die Musik geht. Und so fühle ich mich als Künstler wertgeschätzt. Darum fühle ich mich auch mit dem Label so verbunden.
Mit Subjected hast du auch auf Speedy J‘s Electric Deluxe Label zwei Platten veröffentlicht. Wie kam der Kontakt zu der Electric Deluxe Crew zustande und für was steht deiner Meinung nach Electric Deluxe?
Der Kontakt kam über Subjected. Ich glaube die beiden hatten seit einem gemeinsamen Auftritt einfach Kontakt gehalten. Wir hatten zu dem Zeitpunkt auch schon einiges an gemeinsamen Material zusammengetragen. Irgendwann kamen wir auf die Idee einfach mal die Tracks zu Jochem zu schicken. Ich hatte nicht wirklich realisiert was eigentlich geschah. Mit der Zeit kam mir immer mehr das Bild von meinem 13 jährigen ich, der abends darauf wartete dass Rave Sattelite endlich los geht und den Finger schon auf der Record-Taste hat. Plötzlich gab es eine Zusage für eine Veröffentlichung von dem, auf dessen Song ich im Radio damals gewartet habe. Da schloss sich der Kreis. Vor dem ganzen kannte ich nur das Label. Das hatte für mich alle Kriterien erfüllt warum ich auch Vault Series als Plattform bevorzuge. Gleiche werte aber anderer style.
Du bevorzugst bis heute analoges Equipment zum Produzieren. Warum kannst du dich mit den digitalen Neuerungen nicht anfreunden? Und mit welchem Equipment arbeitest du am liebsten?
Nur weil ich analoges bevorzuge, heißt das nicht, dass ich mich mit digitalen Sachen nicht anfreunden kann. Meine aussagen in der Vergangenheit bezogen sich aber auch eher auf die Klangerzeugung. Es ist einfach Wahnsinn, was dir die Geräte dann für Geschichten erzählen, wenn du das Ganze mit Kompressoren aufbläst ;) der Kompressor kann dabei gerne auch digital sein. Da gibt’s ja inzwischen einige gute, wenn ich an Hofa, Elysia und diverse UAD Sachen denke. Btw. der Tc 6000 Limiter ist aber auch noch unschlagbar. Beim Mastering ist ein analoger Kompressor aber immer noch der beste Lautmacher. Davon musste ich mich aber auch erst mal überzeugen lassen. Um ein schlechten oder mäßigen Kompressor zu erkennen, muss man auch ein guten mal gehört haben. Aber jetzt wird es zu technisch….
Elektronische Music war selten so erfolgreich wie momentan. Egal ob „Chart-Trash“ oder Acid oder Industrial Sound. Alle subgenres haben in den letzten Jahren großen Zulauf erfahren. Woran liegt das deiner Meinung nach und wie wird die Entwicklung in den kommenden Jahren sein?
Ich kann natürlich nur Vermutungen äußern. Es ist sehr einfach elektronische Musik zu erstellen. Du musst halt nicht Rappen oder ein Instrument spielen können. Das sind einfach handwerkliche Skills. Dagegen ist auch erst mal nichts einzuwenden. Die meisten Musiker haben so angefangen und es macht sicherlich auch Spaß und liefert Erfolgserlebnisse. Problematisch wird es dann wenn es unbedingt veröffentlicht werden muss. Da der Markt sich selber schwer bis gar nicht regulieren kann, geht das auch ungefiltert an alle die es nicht haben wollen. Ich selber erhalte pro Woche ca. 20-40 Promo EPs mit Material das in seiner Belanglosigkeit tatsächlich gesteigert werden kann. Von 20 EPs ist vielleicht eine akzeptable bei, die mein Interesse weckt. Bei 50 EPs vielleicht eine richtig gute. Das ist sicherlich auch Geschmacksache. Und wenn viel Material da ist, kann man eben alles bedienen. Die Übersättigung ist aber damit auch vorprogrammiert. Ich höre mir deswegen aber sehr ungern Promos an. Außer ich weiß dass die Quelle schon vorsortiert hat. Das sind z.B. Läden wie Hardwax oder der Delsinshop. Andererseits hat eben jeder die Möglichkeit mit kostengünstigen mitteln kreativ zu werden und sein Potenzial zur Entfaltung zu bringen.
Kannst du uns kurz einen kleinen Rückblick auf dein Jahr 2014 geben?
Dieses Jahr stand bei mir persönlich im das Masteringstudio im Fokus. Da kam es auch schon zu legendenkontakt. Seit diesem Jahr darf ich Klienten wie Robert Hood, Psyk und Mark Broom in meine referenzliste aufnehmen. Das macht mich natürlich sehr stolz dass mir da vertraut wird.
Release technisch habe ich mein Ziel erreicht. Ich versuche möglichst 4 Platten pro Jahr zu veröffentlichen. Dabei hab ich mich sehr gefreut, dass James Ruskin für mich ein Remix gemacht hat. Meine Vorstellung von dem wie ich klingen möchte hat sich auch gut in allen Releases widergespiegelt.
Dieses Jahr habe ich auch meine Bookingagentur gewechselt. Die zu dem legendärem kultlabel „Warp“ gehörende Agentur, war für mich einfach passender. Mal abgesehen von den Mega Acts ;) auch hier schließt sich der Kreis aus Professionalität und Wertschätzung.
Insgesamt hatte ich dieses Jahr das Gefühl dass alles nochmal ein großes Stück voran ging und sich die ganze mühe auch gelohnt hat. Ich habe viel produziert und mich weiterentwickelt. Wie sich das anhört wird sich aber erst in der Zukunft zeigen. Mein Album nimmt langsam auch Form an.
Dann möchten wir natürlich noch wissen was 2015 alles geplant ist? Sind schon neue Veröffentlichungen geplant über die du uns etwas erzählen kannst?
Ich bin inzwischen vorsichtig mit Releases. Es kommt doch immer anders als man denkt. Was ich sagen kann ist, dass ich über 50 Tracks im Umlauf habe, verteilt auf 6 Labels. Was aber nicht bedeutet dass ich aufhöre. Das ergibt sich bei mir automatisch. Außerdem hoffe ich das Ok für mein Album zu bekommen. Ich weiß aber noch nicht, ob das ganze konzeptionell passt.
Du bist Ende Dezember mit Speedy J, Shifted und Simo Lorenz bei der Electric Deluxe Labelnight im Lehman zu Gast. Was verbindest du mit der Stadt Stuttgart und dem Lehmann Club?
Lehmann kenn ich bisher nur vom Hörensagen. Ich habe aber auch schon Freunde vor Ort. Seit den Veröffentlichung von „Janzon“ auf „Code is Law“, der auch Resident im Lehmann ist, sind wir auch freundschaftlich verbunden. Das macht für mich den Aufenthalt etwas leichter für mich, wenn ich nicht nur fremde Leute um mich habe. Da ich aber in Stuttgart schon gespielt habe weiß ich, dass ich mich aber auch auf ein dankbares und feierfreudiges Publikum freuen kann. Es wird also entspannt und gewohnt derbe meinerseits…und viel Neues im Gepäck.