Jugglerz

Shotta Paul & DJ Meska

Kein Intro bedeutet mehr Platz für die Artists im Interview. Und da bei dem Stuttgarter Dancehall Duo Jugglerz grad einiges geht, brauchen Sie den Platz auch…so here we go!

 

 

 

Hey Jungs! In diesem Jahr hat sich ja bereits einiges bei Euch getan. Bevor wir aber über Eure aktuellen Projekte sprechen lasst uns eine kurze Zeitreise machen. Erzählt unseren Lesern doch mal kurz wie ihr Euch getroffen habt und vor allem wie ihr zum Dancehall Sound gekommen seid!

Meska: Ich lege seit 1996 auf und mache Musik. Ich bin neben diversen Band Projekten in Kontakt mit jamaikanischer Musik gekommen, und habe zuerst meinen eigenen Sound und dann von 2006-2012 weltweit Sentinel Sound repräsentiert. Dort bin ich u. a. mit Paul als Team auf Parties und Soundclashes unterwegs gewesen.

Paul: Zum Dancehall bin ich persönlich in den 90ern gekommen. Wir haben HipHop gehört aber auch Bob Marley und so Sachen liefen ständig. Mein Kumpel war dann in Jamaika und hat Tapes und Platten mitgebracht, die bei uns in Dauerschleife liefen. So kam ich immer mehr in den Reggae-Kosmos und habe auch für RIDDIM und JUICE Magazin geschrieben. 2001 ging es das erste Mal nach Jamaika und Meska und ich haben uns danach am Bodensee auf irgendeiner Party kennengelernt. Seitdem arbeiten wir zusammen.

 

Ihr seid jetzt ja auch schon eine Weile in der Dancehall Szene dabei. Im Gegenteil zu anderen Musikrichtungen wie HipHop oder elektronische Musik die sich stetig wandeln und in andere Richtungen entwickeln ist das Dancehall und Reggae Genre sehr bodenständig und nachhaltig. Woran liegt das Eurer Meinung? Oder bekommen wir als „Außenstehende“ diese Veränderungen einfach nicht mit?

Paul: Jamaikanische Musik erweitert sich ständig und das was es bisher gab, bleibt immer bestehen. In den letzten 50 jahren sind Ska, Rocksteady, Roots Reggae, Dub, Digital Dancehall entstanden und als Genres seitdem immer geblieben. Der Sound der letzten Jahre ist daher sehr vielfältig: Es gibt natürlich noch den Roots Reggae, es gibt den „Abgeh“-Dancehall, aber auf Jamaika selber war HipHop und R'n'B-lastiger Sound populär. Generell kann man sagen, dass jamaikanische Musik immer direkter und unmittelbarer ist als US-Sound. Das jamaikanische Publium ist gnadenlos, da muss es sofort knacken oder gar nicht. Aber um die Frage zu beantworten: Reggae-Musik kursiert immer um das gleiche Zentrum aber die Auswüchse sind dennoch sehr unterschiedlich und farbenfroh.

 

Seit 2009 arbeitet ihr kontinuierlich an Eurer wöchentlichen Jugglerz Online-Radioshow die mittlerweile eines der wichtigsten Medien der Dancehall Szene geworden ist. Eine stetig wachsende Fanbase und Community die ihr damit aufgebaut habt unterstreicht den Erfolg. Was für eine Bedeutung hat das Medium Online Radio für euch und eure Arbeit? Woran liegt es, dass ihr es geschafft habt euch mit der Show abzusetzen?

Meska: Studien zufolge hat das Medium Online Radio eine immer größere Bedeutung für den Musikmarkt. Fortschritte der Technik wie Smartphones und WLAN-Radios machen es dem User auch immer komfortabler seinen Lieblingssender überall zu hören. Die Sendervielfalt ist unglaublich riesig und man kann Programme aus aller Welt hören. Unsere Show gibt es jeden Donnerstag im Live Stream und danach On Demand zum Download. Hier bringen wir Karibische Vibes nach Deutschland und stellen die neusten Produktionen oftmals sogar vor dem eigentlichen Release-Date als Weltpremiere vor. Warum die Sendung erfolgreicher wurde als wir uns jemals erträumt haben wissen wir nicht wirklich, wir haben einfach Spaß bei dem was wir tun, und befolgen Regel Nr 1: Nimm dich selbst nicht allzu ernst. Wir hoffen, dass die Community weiter wächst und wir noch viel mehr Leute zum Reggae bringen.

Paul: In Jamaika und der Diaspora in den USA und England ist das Medium Radio generell viel populärer als bei uns – in Deutschland ist das FM-Radio so durchreglemeniert und abgeriegelt, dass da wirklich nur das kommerziellste Zeug gespielt wird. Dabei schafft man mit Radio einen Bezugspunkt für die Community, wie es mit kaum einem anderen Medium möglich ist. Das war auch unser Ansatz und mit dem Internet hat man eben die Möglichkeit von Stuttgart aus die gesamte Szene zu erreichen, sei es in Berlin, Hamburg, Wien, Zürich oder im Kaff in der Lüneburger Heide – für viele ist Jugglerz Radio der Ort, wo sie neue Trends und Musik bekommen und sich mit anderen austauschen.

 

Zurück in die Gegenwart – Seit diesem Jahr konzentriert ihr Euch ja ausschließlich auf euer Projekt Jugglerz. Für was soll Jugglerz in Zukunft stehen? Erzählt uns doch mal was für Pläne ihr mit dem Namen in Zukunft verfolgt?

Paul: Wir machen das selbe wie die Jahre zuvor, nur vereinen wir jetzt unsere ganze Erfahrung und Leidenschaft unter einem Namen: Jugglerz. Wir sind ein Soundsystem, machen jeden Donnerstag die Radioshow auf www.Jugglerz.de und einmal monatlich auf Radio SWtmn, sozusagen dem portugiesischem BigFM. Weiterhin veröffentlichen wir Mixtapes, veranstalten Events wie "Pon Di Floor" jeden ersten Freitag im Zwölfzehn oder Touren mit Artists wie Charly Black, und produzieren Reggae Musik auf unserem Label.

 

Stichwort Label. Im Juli steht die Taufe Eures eigenen Labels an. Erzählt uns doch mal kurz was ihr da vor habt, was die Beweggründe für Euch waren und wie ich gehört habe steht auch eine fette Release Feier in Stuttgart an?

Meska: Ich habe früher schon viel produziert, nur ist das bei mir nach der Auflösung meiner Band 2004 etwas eingeschlafen. Ich habe mich die letzten Jahre immer mehr auf das DJ Ding konzentriert. Und wenn man das auf dem Level betreibt wie wir, und dabei um die ganze Welt tourt, etliche Dubplates aufnimmt, und sich auf internationale Soundclashes vorbereitet, bleibt nicht viel Zeit um Musik zu machen. Es war aber zu jeder Zeit ein großer Traum von mir einmal eine sogenannte "Riddim Selection" zu produzieren. Ein Riddim ist ein Instrumental auf dem mehrere Artists mit jeweils einem Song vertreten sind. Anfang letzten Jahres habe ich dann beschlossen das jetzt endlich in die Tat umzusetzen. Paul war auch sofort Feuer und Flamme und wir haben bis zum heutigen Tag knapp 25 Songs auf verschiedenen Riddims aufgenommen, hauptsächlich mit renomierten jamaikanischen Künstlern. Auch auf Produzenten Basis arbeiten wir eng mit Leuten wie z.B. Jr Blender oder Luke Rich zusammen. Schon 2010 haben wir begonnen die Sängerin Etzia aus Schweden zu pushen und somit lag der Gedanke einer Labelgründung nah. Tja, und genau das feiern wir mit vielen unserer Weggefährten am 20.7. im KimTimJim in Stuttgart, denn die Woche darauf erscheint unser erster Release: Der Street Soul Riddim.

Paul: Mit der Zeit kommt einfach eines zum Anderen. Wir sind jedes Wochenende als DJs in den Clubs unterwegs und wollten einfach auch selber Musik erschaffen. Natürlich steckt da dann viel Arbeit dahinter, vom ersten Funken bis zum fertigen Song, aber jetzt haben wir es geschafft, und der zweite Release ist auch schon in der Pipeline. Und nach dem ganzen Aufbau des Verwaltungsapparates, den so ein Label mit sich zieht, können wir jetzt wieder entspannter ins Studio und unsere Ideen verwirklichen.

 

Wie kam die Zusammenarbeit mit internationalen Künstlern wie Elephant Man, Beenie Man, Konshens, Collie Buddz, Romain Virgo, Cecile, oder Mono & Nikitaman zustande?

Meska: Unser größter Vorteil ist hierbei natürlich unsere Radio Show. Wir pflegen den direkten Kontakt zu den meisten Artists, da diese uns ja regelmäßig ihre aktuellen Songs schicken. Jugglerz Radio ist mittlerweile zu einer der bekanntesten Reggae Radioshows in Europa geworden und ist vielen Artists ein Begriff. Und so habe ich einfach mal die Runde gemacht und meine Riddims an die Artists geschickt die ich mir gut darauf vorstellen konnte. Und wir hatten Glück, denn viele haben sofort zugesagt. Wichtig ist natürlich auch, dass der Riddim dem Artist gefällt, und am Ende klappt dann natürlich nicht alles so wie geplant, aber wir können mit dem Ergebnis sehr zufrieden sein.

Paul: Mit manchen Künstlern haben wir freundschaftliche Kontakte, wie z.B. mit Romain Virgo. Für Mono & Nikitamann hat Meska schon die Single des vorletzten Albums „Schlag Alarm“ produziert und die kommen auch immer vorbei wenn wir in Berlin spielen. Andere Künstler kann man durch glückliche Fügungen oder Kontakte ins Studio bekommen, wenn sie gerade in Europa auf Tour sind und einen Studiotag haben oder wenn wir sie in Jamaika besuchen.

 

Da ihr mit dem Label auch Newcomer Artists in der Dancehall Szene unterstützen und featuren wollt die Frage – Wie steht es um den Nachwuchs in der Szene? Wer sind eurer Meinung nach Talente von denen man in Zukunft bestimmt öfters hören wird?

Paul: Es gibt auf jeden Fall einige Talente da draußen. Wir kümmern uns um zwei Artists, die wir für sehr begabt halten und bei denen wir den Vibe fühlen und die wir aufbauen wollen. Das ist Etzia aus Schweden, mit der wir schon seit mehr als einem Jahr zusammenarbeiten und die immer bekannter wird und ihren Weg geht. Der andere Künstler ist Miwata aus Karlsruhe, der hauptsächlich auf Deutsch singt und der ein großes Potential hat. Wir arbeiten gerade an seinem ersten Mixtape und wirklich jeder Tune ist eine Bombe.

 

Ihr seid ja mittlerweile weltweit als Soundsystem gefragt und habt so einen guten Einblick in die Partyszenen anderer Städte und Länder. Wie seht ihr die Stuttgarter Szene im Vergleich dazu?

Meska: Der Stuttgarter Reggae Szene geht es extrem gut in den letzten Jahren. Jedes Wochenende und sogar unter der Woche kann man irgendwo abfeiern, weswegen wir letztes Jahr in unserer Radioshow Stuttgart zur "Dancehallhauptstadt" erklärt haben. Alle Regulars laufen gut und als DJ ist es ein Paradies hier aufzulegen, da die Massive die Songs kennt und sich mit der Musik identifiziert. Denn letztendlich ist die Musik der Hauptgrund warum Leute auf eine Party gehen und eine Szene entsteht. Und dass Stuttgart richtig feiern kann weiß jeder der mal im Nachtleben unterwegs war. Ein wichtiges Erfolgskriterium ist auch, dass bisher alle Veranstalter aufeinander Rücksicht genommen, und zusammen an einem Strang gezogen haben. Denn sobald der eine versucht den anderen auszugrenzen oder gar zu sabotieren, schadet es meistens allen. Und trotz allem was passiert ist, liegt es zumindest uns am Herzen, den Vibe den wir gemeinsam aufgebaut haben zu erhalten.

Paul: Verglichen mit anderen Städten in Deutschland wie Berlin, Köln, Hamburg oder Metropolen wie Paris, New York oder Barcelona fehlt für mich in Stuttgart das coole, alternative Viertel. Man muss die Spots und Locations erst für sich entdecken und wenn man in die Stadt kommt, dauert es vielleicht ein bißchen, bis man sich zurecht findet.

 

Auch ein ganz großes Thema sind jedes Jahr die zahlreichen Festivals. Wo verschlägt es euch dieses Jahr überall hin und mal grundsätzlich gefragt – Festival vs. Club?

Paul: Wir kommen gerade aus Wien zurück, wo wir auf dem Donauinselfest, dem größten Open-Air Europas gespielt haben. Wir sind derzeit auch mit dem Artist Cali P auf Tour und spielen dazu auf Festivals wie dem Ruhr Reggae Summer, dem Lakesplash in der Schweiz, dem Bielawa Festival in Polen mit Sizzla und Tarrus Riley und zusammen mit Baby Cham in der Eröffnungsnacht des Rototom Sunsplash in Spanien, Europas größtem Reggae Festival. Dann fliegen wir für zwei Shows nach Bermuda, was wirklich etwas besonderes ist. Zwischendurch sind wir zwischen Stockholm und Genf in den Clubs unterwegs und sind voll gebucht von Juni bis September.

Meska: Festival vs. Club? Ein Festival macht Spaß, ist jedoch eine Herausforderung. Es benötigt viel Erfahrung und Engagement um mit einer so großen Menschenmenge musikalisch umgehen zu können. Meistens sind die Bühnen sehr groß und der direkte Kontakt zur Crowd ist schwieriger. Dem gegnüber steht die intime Atmosphäre im Club, wo man es schon mit kleinen Crowds richtig hochkochen kann. Jedoch kann man vorher nie sagen, wie sich ein Dance entwickelt. Es kommt auch auf Land und Leute, sowie Rahmenbedingungen wie Anlage und Wetter an.

 

Zu guter Letzt – Grüße, Ansagen oder Statements von euer Seite?

Names change but the soul remains the same! Big ups an alle, die einfach abfeiern und die sich ihre eigene Meinung bilden. Grüße an die ganze Stuttgart-Crew, alle Supporter und alle Aktiven. Alle, die den Scheiß einfach lieben. Jr Blender du bist der Boss! Luke Rich du bist der Chef! Etzia & Miwata: Auf eine erfolgreiche, gemeinsame Zukunft! Grüße auch an DJ Sensay, Juppi Juppsen, Turnschuhe und Beats, Frederic Thelen, Pinnacle, Heckert Empire, Zwölfzehn & KimTimJim. Und Subculture natürlich! Eine besondere Widmung geht an dieser Stelle an unsere Familien und unsere Freundinnen, die uns sehr unterstützen und ohne die das alles so nicht möglich wäre!

 

www.jugglerz.de

Christian Schmidt