DAPAYK & PADBERG | INTERVIEW

Niklas Worgt startete schon in den 90er mit Broken Beats. Ende der 90er formierte er seinen Sound neu. Seine Produktionen transzendierten von gebrochenen Beats zu geradem Techno, der heute als experimentelle Plattform unter dem Alias Dapayk bekannt ist. Nach den ersten Veröffentlichungen gründete Dapayk 2000 sein Label „Mo’s Ferry Productions“, das sich Veröffentlichungen von minimalistischem Techno widmet. 2005 kamen die Sublabel Fenou, und 2006 Rrygular, hinzu. Seinen heutigen Stellenwert im Minimal-Techno erarbeitete er sich mit Auftritten als Liveact, Remixer und verschiedenen Kooperationen. Unter dem Projekt Dapayk & Padberg, gemeinsam mit seiner Ehefrau, dem Fotomodell, erschien jetzt ihr viertes gemeinsames Album „Smoke“ dass die beiden am 28.Februar im Romy S. präsentieren werden. Wir haben vorab ein kleines Gespräch mit Dapayk geführt…

 

www.soundcloud.com/dapayk - www.facebook.com/dapayksolo

 

 

 

Hallo! Ihr habt gerade eine knapp dreijährige Pause eingelegt bevor ihr mit „Smoke“ Euren vierten Longplayer veröffentlicht habt. Welchen Hintergrund hat die längere Auszeit gehabt?

So lange war das gar nicht! Unser drittes Album „Sweet Nothings“ kam ca. 1 1/2 Jahren vor „Smoke“ bei Stil vor Talent raus. Wir hatten vor der Smoke-Album-Tour allerdings 2 Jahre nicht mehr zusammen live gespielt. Das hatte mehrere Gründe. Zum einen fühlten wir uns vermehrt gefangen in dieser „Promi-Booking“-Mühle, da viele Veranstalter das von uns zu erwarten schienen, zum anderen war es echt schwer ein Set mit Live Vocals im Clubkontext darzubieten, ohne dabei immer wieder an die technischen Grenzen der unterschiedlichen Clubs zu stoßen. Also haben wir uns erstmal von den Clubs verabschiedet und uns nur auf die Studioarbeit konzentriert.

 

Konntet ihr nach Eurer Pause beim vierten Album einen gewissen Erfolgsdruck spüren? Oder hattet ihr schon damals das Gefühl dass die Leute mehr an Euch als Personen als an Eurer Musik interessiert waren?

Wenn die Leute nur an uns und nicht an der Musik interessiert gewesen wären, hätten wir nach dem ersten Album 2005 nicht weiter gemacht. Wir haben immer darauf geachtet nicht mit Leuten zu arbeiten, die mehr an unserem Namen oder Gesicht als an der Musik interessiert sind. So etwas interessiert uns nicht. Während man im Studio ist, macht man sich natürlich schon Gedanken darüber, was die Hörerschaft so von einem erwartet, ob man sich wieder mit denselben Soundstrukturen beschäftigt, die alle schon von uns kennen und erwarten oder einfach frei kreativ arbeitet. Wir haben uns für das zweite entschieden und es bisher nicht bereut. Wir machen Musik für Menschen, die sich gern auf neue Abenteuer einlassen.

 

Musstet ihr lange überlegen ob ihr ein weiteres Album gemeinsam machen solltet? Oder war es Euch immer klar, dass es ein neues Album geben wird, nur die Zeit und Umstände waren unklar?

Es war immer klar, dass wir an einem neuen Album arbeiten werden. Vor unserer dritten Platte „Sweet Nothings“ hatten wir zu viel Zeit verstreichen lassen. Deshalb war nach Sweet Nothings klar, dass wir dort direkt anschließen wollen. Wenn man einmal im kreativen Fluss ist, arbeitet es sich viel leichter. Diesen Schwung wollten wir mitnehmen. 

 

Mit „Smoke“ ist nun der vierte Longplayer erschienen. Erzählt uns doch kurz was dieses neue Album für Euch persönlich bedeutet?

„Smoke“ ist das kompromissloseste was wir je als Künstler geschaffen haben. Deshalb sind wir sehr stolz, auf das Album und auch auf uns. Es erfordert schon ein bisschen Mut sich von den Dingen frei zu machen, von denen man genau weiß, daß sie definitiv funktionieren würden, aber ausgelutscht sind. Für uns ist es ein Schritt in eine neue Welt, vielleicht geht es dem Hörer ja auch so.

 

Auf dem neuen Longplayer entfernt ihr Euch vom Clubsound und schlagt melancholischere Töne und eine ruhigere Grundstimmung an. Handelt es sich bei „Smoke“ um ein klassisches Konzeptalbum oder wie ist die Herangehensweise gewesen?

„Smoke“ wurde nicht als Konzeptalbum geplant, aber entwickelte sich in diese Richtung. Als wir mit dem Sammeln erster Ideen für die LP in der Provence begannen, merkten wir schnell, dass die melancholischen Tracks uns am meisten lagen. Daher suchten wir einen Ort, der diese Grundstimmung unterstreicht und uns seit Jahren fasziniert. Wir mieteten daher ein abgelegenes Haus in den schottischen Bergen und ließen uns treiben, nahmen erste Songskizzen auf und arbeiteten diese dann im Studio in Berlin aus. 

 

Ihr habt das neue Album in der Idylle Schottlands produziert. Zum einen kann ich es gut nachvollziehen dass man für den Prozess eines Albums der Hektik des Alltags entfliehen muss. Kann es aber zum anderen auch passieren, dass ein Ort, an dem das Album entsteht zu sehr auf die Stimmung des Albums Einfluss nimmt? Läuft man manchmal Gefahr den Tracks dadurch ein Stück eigene Persönlichkeit zu nehmen?

Ganz im Gegenteil! Wir fahren ja genau aus dem Grund an diese besonderen Orte zum produzieren, weil die Tracks dadurch noch mehr an Persönlichkeit gewinnen. Hätten wir „Smoke“ in Berlin produziert, wäre es ein komplett anderes Album geworden. Und das wäre doch echt schade. Sich diesen Orten und Eindrücken auszusetzen, ist für uns sehr wichtig, sonst würden wir künstlerisch wahrscheinlich irgendwann stehen bleiben. Und das wäre uns zu langweilig. Wir sind eigentlich immer auf der Suche nach neuen Inspirationsquellen und auf Reisen funktioniert das für uns am besten.

 

Überall liest und hört man Berlin. Mir persönlich ist die Stadt einfach in allen Belangen zu intensiv. Grenzt ihr Euch mittlerweile bewusst von der „Berlin-Maschinerie“ ab um unvoreingenommener Wahrgenommen zu werden?

Wir waren nie völlig ein Teil der Berliner Maschinerie. Wir leben seit 10 Jahren hier, haben hier viele Freunde und natürlich auch Geschäftskontakte, aber dennoch ist Berlin nur eine Zwischenstation. Vielleicht zieht es uns in 10 Jahren in den Süden oder sonst wo hin. Das wird sich zeigen. Vor einem Jahr kauften wir bereits ein Haus auf dem Land, um dem Trubel der Stadt gelegentlich entfliehen zu können. Berlin ganz verlassen, wäre uns im Moment aber noch zu krass. Wenn man sich seine Inseln in der Stadt sucht, kann man auch in Berlin entspannt leben & arbeiten.

 

Wie seht ihr den aktuellen Stand der elektronischen Szene in Deutschland? Ich persönlich habe manchmal das Gefühl dass frischer innovativer Sound momentan eher aus England, Holland oder Frankreich kommt. Trauen sich deutsche Produzenten zu wenig oder liegt das einfach daran, dass die einheimische Szene bereits routiniert und professionalisiert ist?

Es gab immer diese Phasen, wo in Deutschland ein Hype zu Ende ging und man sich wieder mehr auf ausländische Trends konzentrierte. Die Einflüsse von außen waren für Deutschland immer wichtig. Mal weniger bemerkt, mal mehr im Fokus. Was für uns definitiv spürbar ist, ist dass der Sound in den letzten 3-4 Jahren poppiger und somit der breiten Masse zugänglicher geworden ist. Es tauchen viele Leute bei Parties auf, die mit der Szene eigentlich nichts zu tun haben. Ob das jetzt frischer Wind ist oder Verwässerung der Kultur, hängt von den Umständen ab und muss jeder selbst entscheiden. Aber generell traut man sich in Deutschland weniger, da die Szene feste Strukturen vorgibt. Welcher Veranstalter bucht schon Acts, bei denen man sagt: „Fett, aber hier feiert das keiner!“. Nur wenige machen das! Ein richtiger Künstleraufbau wird kaum noch gemacht, weder von Labelseite, noch von Clubseite. Das ist aber in England oder Holland auch so, nur eben mit anderer Musik, die für uns vielleicht frisch erscheint.  

 

Im Moment wird darüber diskutiert warum viele Produzenten bei ihren Alben auf langsameren, facettenreicheren Sound setzen. Für mich persönlich eine überflüssige Diskussion da bereits früher die Abgrenzung zwischen Club-Gig und Sounds auf einem Longplayer klar gesteckt waren. Auf einem Album konnte und kann ein Künstler nun mal die Vielfältigkeit der elektronischen Musik besser zum Ausdruck bringen als bei einem Club-Set. Und gerade dadurch konnte ein Künstler sein wahres Repertoire zeigen. Und im Endeffekt geht es doch nur um Musik, warum denkt ihr wird heutzutage immer alles so hochgekocht?

Wenn du ein Album mit Clubtracks machst, werden nach der Veröffentlichung im besten Fall die sofort als Hits erkennbaren Stücke gekauft, der Rest geht unter. Wenn sich der Produzent bei der Kompilierung mehr gedacht hat, geht das durch diese Zerstückelung verloren. Bei einem Listening-Album ist die Chance, dass die Leute das ganze Album kaufen höher. Wer will schon 2-3 Tracks mit 3 Minuten Länge, die vielleicht noch an ihren Enden Übergänge in den nächsten Track haben?! Bei einem Konzeptalbum kann der Künstler mehr von sich zeigen und mal nebenbei: Seit die Verkäufe in den Keller gegangen sind, sagen sich viele: „Wenn ich schon nix verkaufe, dann mache ich wenigstens die Musik auf die ich Bock habe, ohne mich am Club oder anderen Vorgaben orientieren zu müssen!“. Das solche Diskussionen hochkochen, liegt einfach an der Mitmachkultur. Jeder kann, ob qualifiziert oder nicht, seinen Senf im Netz dazu geben.

 

Wenn man die heutige „Szene“ betrachtet kommt sie einem auf den ersten Blick immer so unglaublich aufgeklärt und aufgeschlossen vor. Aber wenn man diesen Fakt genau betrachtet findet durch das Internet oft viel weniger Diskurs und Aufklärung statt als früher. Fakten werden nicht überprüft und obwohl man gerade heute die Möglichkeiten durch das WorldWideWeb hat, wird Vieles einfach weder hinterfragt noch recherchiert. Haben sich die ursprünglichen Vorteile der Vernetzung des Internets bereits wieder revidiert? 

Nein, das glauben wir nicht! Die richtigen Informationen sind irgendwo da draußen. Man kommt nur schlechter ran, da zu viel Müll rumgeistert. Die Leute, die Interesse haben und sich informieren wollen, finden meist auch das was sie suchen. 

 

Auch das neue Album ist beim Label Mo's Ferry Prod. erschienen. Mal abgesehen von dem „Freundschafts-Aspekt“, was macht das Label mit seinen zahlreichen Sublabels wie Fenou oder Rrygular, für Euch so besonders?

Mo’s Ferry Prod. ist unser eigenes Label. Wir können da machen was wir wollen und müssen niemanden Rechenschaft abliefern. Das ist ein Riesenluxus! Abgesehen davon, steht Mo’s Ferry mit seinen Sublabels seit 13 Jahren für die etwas schrägere Schiene der elektronischen Musik und immer wenn wir auf so was Lust haben, gehen wir zu unserem Mutterschiff zurück.

 

Ein weiteres Sublabel von Mo’s Ferry Prod. ist „I Love Vinyl“. Dazu gibt es auch das gleichnamige Festival, das bereits seit Jahren, bevor die Vinyl-Reunion, eingesetzt hat, stattfindet. Wie wichtig seht ihr den Erhalt analoger Musik? Ich kann mich noch gut an die Aufkleber „MP3 kills Black Beauty“ erinnern. Wie steht ihr heute dem Thema Vinyl vs. MP3 entgegen?  

Es gibt für uns kein Digital gegen Vinyl! Beides hat seine Vorzüge! Wenn jemand die zahlreichen Tools des digitalen Auflegens nutzt, ist das großartig! Es ist ja auch nicht automatisch jeder Vinyl-DJ gut, nur weil er Platten mischen kann! Wir veranstalten das I LOVE VINYL Open Air, um einfach mal wieder ideale Bedingungen zum Vinyl-spielen zu bieten. In den Club verschwinden die Plattenteller oder werden nicht mehr gepflegt, da macht das auflegen meist keinen Spaß mehr. Wir wollten einfach auch der digitalen Generation zeigen, dass Vinyl machbar ist und Spaß bringt. Viele unserer gebuchten Acts genießen das sehr!

 

Hättet ihr auch einmal Interesse ein ganz anderes musikalisches Projekt zu machen? Oder bleibt ihr der elektronischen Musik, egal in welcher Form, treu?

Klar, wir hören daheim selbst kaum noch elektronische Musik. Vielleicht machen wir mal ein Singer-Songwriter-Album nur mit akustischen Gitarren und so… wer weiß. Momentan sind wir im elektronischen Bereich aber routinierter und lieben was wir tun. 

 

Ich kann mich noch an Euren Auftritt beim der 12 Jahre subculture Feier vom Vlado im Colibri erinnern. Das war im November 2007 - was hat sich seitdem für Euch bei Auftritten geändert? Und vermisst ihr manchmal die Zeit von früher, zumindest was die Gigs betrifft?

Lang, lang ist’s her! Wir konnten früher musikalisch mehr in die Breite gehen. Auch mal Breakbeats einfließen lassen, ohne die Tanzfläche zu leeren. Der Sound wurde mit der Minimal-Digitalauflegewelle definitiv gleichförmiger. Das hebt sich momentan, Gott sei Dank, wieder etwas auf. Daher schauen wir optimistisch in die Zukunft und hoffen auf offene Zuhörer und Tänzer. Der Blick zurück ist meist verfärbt, auch damals haben wir oft geschimpft, dass man mit dem Publikum nicht weit genug gehen konnte. 

 

Im Februar werdet ihr im Stuttgarter Romy S. spielen. Was sind Eure Erinnerungen und Assoziationen mit unserer schönen Schwabenmetropole? Und was kann man musikalisch von Eurem Auftritt erwarten?

Oh, wir waren immer gern in Stuttgart! Das Colibri mochten wir gern und waren regelmäßig dort. Ansonsten freuen wir uns auf die grandiose schwäbische Küche und hoffen auf den Schnaps danach. Beim Liveset werden wir Stücke vom Album mit unseren Klassikern kombinieren. Die chilligeren Tracks von „Smoke“ haben dabei auf Club getrimmt. Es soll ja getanzt werden!

 

Zu guter Letzt, wollt ihr noch Grüße loswerden oder etwas Ankündigen?

Stuttgarter kommt ins Romy, es gibt Schnaps!

 

*Dapayk & Padberg spielen am 28.Februar Live im Romy S. – www.romy-s.de

Christian Schmidt