Interview | Julien Bracht
Am Samstag ist es endlich soweit. Das SEMF steht wieder an und glänzt auch in diesem Jahr wieder mit einem erstklassigen Line-Up das neben internationalen DJ-Größen auch viele Connaisseure der elektronischen Musik aufweist. Einer von diesen „Geheimtipps“ ist Julien Bracht, der seit einigen Jahren Künstler wie Luciano oder Ricardo Villalobos als Fans gewinnen konnte. Zeit dem Senkrechtstarter ein paar Fragen vor seinem SEMF Debut zu stellen…
Was macht ein Julien Bracht, wenn er nicht gerade im Studio sitzt?
Mit meinem Hund im Wald spazieren, Joggen gehen, Gym, Platten kaufen, Schlagzeug spielen, Zeit mit meiner Familie verbringen, Wellenreiten und Kitesurfen in Tarifa und Geld ausgeben für Hardware!
Was ein Julien Bracht wiederum macht, wenn er im Studio sitzt, hast du letztes Jahr in einer Ausgabe von ‚Slices‘ gezeigt. Dabei ist der Eindruck entstanden, dass du sehr viel Arbeit in Klänge steckst. Du experimentierst gerne mit organischen Klängen und bist auch sehr detailverliebt. Der Trend geht heute aber leider viel zu oft in die andere Richtung. Viele neue Produzenten arbeiten rein Softwarebasiert mit vorgefertigten Samples. Wie bewertest du das? Und glaubst du echtes analoges ‚Handwerk‘ wird seinen Platz in der elektronmischen Musikwelt trotzdem bewahren?
Also wenn man sich Tracks zusammen Puzzled ist es natürlich keine echte Produktion. Ich höre es auch eigentlich immer wenn Loops verwendet werden, die nicht verändert wurden oder moduliert sind. Ich verwende fast nie Loops, wenn dann verändere ich sie so sehr, dass anderes Sounds daraus entstehen. Was ich sehr viel mache ist mit samples mir meine eigenen Sounds bauen. Zum Beispiel baue ich mir meine Kicks immer aus mehreren Samples die ich entweder von Drummachines aufnehme oder aus Sample Packs verwende. So eine Kick kann dann teilweise bis zu 7,8 Spuren haben, die ich gruppiere und komprimiere. Dort enthalten sind dann aber auch Sounds die eigentlich nichts mit einer Kick zu tun haben, sondern entweder für einen besonderen Raum sorgen oder andere Effekte schaffen. In dem letzten Remix, den ich für Evil C. gemacht habe kann man so eine Kick hören. Ich denke es wird sich alles durchsetzen, was einen eigene Charakter hat. Es gibt auch Produzenten, wie Shed, die ohne Hardware für mich mit den besten Sound machen mit extrem viel Tiefe, Wärme und Rawness.
In dem Video sagst du auch, dass du dich bei deinen Produktionen nicht von Trends leiten lässt, sondern machst was dir gefällt? Woraus beziehst du denn deine Einflüsse, wenn nicht aus dem was sonst gerade ‚in‘ ist?
Das stimmt. Ich finde es immer sehr schade wenn sich Produzenten an bestimmte Hypes anlehnen. Dann gibt es einen totalen Überfluss an einem bestimmten Sound. Ich lasse mich von jeder Art von Musik inspirieren. Wenn es zum Beispiel um Beats geht, höre ich mir sehr viel Breakbeat und Drum and Bass an.
Du fährst mit deiner Strategie auf jeden Fall wohl sehr gut. Es neigt sich ein sehr erfolgreiches Jahr 2013 für dich dem Ende zu. Was waren rückblickend deine Highlights 2013?
Ein Highlight für mich war ganz klar das Cocoon Ibiza Opening im Amnesia. Ich hatte dort eine Bühne auf der Terrasse. Das war eine unvergessliche Stunde. Es gibt davon auch ein sehr schönes Video im cocoon Kanal auf youtube. Ein andere s Highlight war der Love Family Park in Hanau. Ich habe dort auf der Bühne 1 vor Sven gespielt. Das gefühl vor 10 000 Leuten zu stehen ist einfach unbeschreiblich. Aber natürlich gab es auch viele andere Gigs wie im Robert Johnson, Fuse Brussel, Showcase Paris, Gipsy Moscow, etc. die einfach unglaublich waren. Es gibt nichts schöneres für einen Künstler, wenn man die Chance hat seine Kunst der Welt vorzustellen und so viel gutes Feedback zu erhalten.
Und was dürfen wir konkret von dir in Zukunft erwarten? Was sind deine Ziele in deiner noch jungen Karriere?
Ein ganz wichtiger nächster Schritt ist die Gründung meines eigenen Labels namens „TRUST“. Ich bin gerade dabei 7 Stücke von mir zu Mastern, die nächstes Jahr als Doppel EP erscheinen werden. Darauf hin wird eine Live Tour folgen und weitere EP´s auf Cocoon und Pressure Trax.
Wenn wir schon beim Thema Zukunft sind. Blicken wir mal ein bisschen weiter in die Zukunft. Wo siehst du dich in zwanzig Jahren? Siehst du dich dann immer noch bei der Musik? Und was denkst du, wo steht Techno dann?
Ich sehe mich auf jeden Fall in der Musik. Mein Ziel ist es mehr in Richtung Konzerte zu gehen mit auch anderen Musikern zusammen. Filmmusik wird noch eine sehr große Rolle spielen in meinem Leben. Damit fange ich jetzt schon an mit einzelnen Projekten. Zum Beispiel habe ich den neuen Drykorn Werbefilm vertont der im Frühjahr 2014 veröffentlicht wird.
Apropos Techno. In dem oben erwähnten Slices-Video sagst du auch der gleichmäßige Rhythmus im Techno eine Art Mediation für dich ist. Ist Techno denn auch das Mittel der Wahl, wenn du selbst mal abschalten musst oder wie schaffst du es deinen Kopf frei zu kriegen?
Ich kriege meinen Kopf am besten frei wenn ich nichts höre und einfach nur im Wald laufen gehe.
Gibt es denn auch Tage an denen du sagt: Ich habe keinen Bock mehr, ich schmeiß die ganze Sache hin und mache etwas Anderes? Wenn ja, was wäre das?
Es gibt immer wieder tiefs, das ist normal und logisch. Sonst gäbe es auch keine Hochs und das Leben wäre eine einzige langweilige Linie. Aufhören mit der Musik werde ich nie. Aber es kann in andere Richtungen gehen.
Wir hoffen auf jeden Fall, dass du uns und der Szene noch eine Weile erhalten bleibst. Abschließend die Frage, was wünschst du dir nach einem gelungenen Jahr 2013 fürs nächste Jahr und wenn heute Silvester wäre, was wären deine guten Vorsätze fürs nächste Jahr?
Nächstes Jahr steht meine Doppel EP im Fokus und die darauffolgende Live Tour. Natürlich freue ich mich wieder auf zahlreiche Festivals und große Bühnen auf der ganzen Welt. Vorsätze sind viel Musik machen, Sport, Schlagzeug üben, viel Zeit mit meiner Familie und Freunden verbringen und jeden Moment leben und das beste aus ihm rausholen!