subculture Soundsession # 20 - Joachim Spieth
Obwohl sich der Bekanntheitsgrad der meisten Stuttgarter DJs auf die lokale Club Szene beschränkt, herrscht seit jeher im Kessel in sämtlichen Musik Genres ein qualitatives Level, mit dem nur sehr wenige Szenen anderer Städte mithalten können. Damit dass auch so bleibt präsentieren wir Euch ab sofort jeden Monat mit der subculture Soundsession ein exklusives Set aus unserer Soundcity.
Get the Mix! Subculture Soundsession # 20 – JOACHIM SPIETH - AFFIN SPEZIAL
www.soundcloud.com/subculturestuttgart/subculture-soundsession-20
Die 20. Soundsession ist etwas Besonderes - genau wie unser Gast, Joachim Spieth. In diesem Jahr feierte das Stuttgarter Aushängeschild bereits das 5jährige Jubiläum seines Affin Labels sowie die zehnte Veröffentlichung auf seinem Affin Ltd. Vinyl-Ableger. Weltweit gefeierte elektronische Musik "Made im Ländle" - einer von vielen Gründen für ein ausführlicheres Gespräch mit unserem Gast…
Mit deinem eigenen Imprint Affin konntest du in diesem Jahr bereits den 5ten Label Geburtstag begießen. Was macht deiner Meinung nach den Erfolg des Labels aus? Immerhin kann man momentan nicht von einem Mangel an Labels reden, und dennoch stichst du mit Affin hervor. Was steckt hinter deiner Label Philosophie?
Ich denke, dass es hierfür verschiedene Gründe gibt. Zum einen habe ich bereits vor der Label Gründung eine Dekade selber Musik produziert/aufgelegt und innerhalb dieses Zeitraums eigene Erfahrungen mit Labels wie Kompakt oder Paso (bei denen ich ja auch schon 2 Jahre im Label Management tätig war) sammeln können. Daher hatte ich schon eine relativ klare Vorstellung, was ich wollte bzw. auf jeden Fall vermeiden wollte. Betrachtet man Affin unter musikalischen Gesichtspunkten dann fällt auf, dass es stilistisch relativ breit aufgestellt ist. Das war so angedacht und hat sich so auch langfristig bewahrheitet. Herauszuheben sind darüber hinaus vor allem motivierte und engagierte Künstler, die dem Gesamtprojekt "Label" den entscheidenden Kick geben mit Ihrem musikalischen Input. Sie sind es, die Affin das Gesicht geben, dass Dich heute einladend und selbstbewusst anstrahlt.
Was war für dich damals ausschlaggebend ein eigenes Label zu gründen? Immerhin warst du davor mit Kontakt bereits auf einem wegweisenden Label verpflichtet.
Es wäre für mich vordergründig sicher einfacher gewesen weiter bei Kompakt zu veröffentlichen. Auch bei Paso hatten wir eine gute Zeit und haben das Label gemeinsam vorangebracht. Irgendwann hat sich bei mir einfach eine eigene Vorstellung ergeben, wie das funktionieren soll. Ein eigenes Nest zu bauen hat auf jeden Fall einen grossen Reiz auf mich ausgeübt. Und wer mich kennt weiss, dass ich nicht immer den einfachsten Weg wähle. Das formt und ist auch in anderen Bereichen langfristig nie von Nachteil.
Mit Affin Ltd hast du zusätzlich ein eigenes Sublabel gegründet, auf dem im Juni die bereits zehnte Veröffentlichung ansteht. Welche Funktion erfüllt Affin Ltd. für dich und wie unterscheidet sich die Herangehensweise im Gegenteil zum Hauptlabel?
Limited haben wir angehängt, um den VinylOutput zu kennzeichnen. Daher ist es eigentlich nicht als Sublabel zu verstehen, sondern eher als Hinweis, dass die Platten limitiert sind und nicht nachgepresst werden. D.h., alle Tracks der Platten sind auch in digitaler Form erhältlich. Schallplatten zu veröffentlichen hat nach wie vor einen hohen Stellenwert, der meiner Meinung nach eher wieder an Bedeutung zulegt, nachdem sich viele Verheissungen im digitalen "Geschäft" als Farce erwiesen haben. Vinyl ist greifbar, da wird das file der DJSoftware einfach nie mithalten können.
Was stehen in naher Zukunft für Veröffentlichungen an? Gibt es da schon das ein oder andere Release oder Projekt worüber du uns was sagen kannst?
Zu nennen wäre hier die neue Reggy van Oers 12" (Evasive, mit Remixes von Jonas Kopp & Ness), die erst vor einigen Tagen erschienen ist. Im Juni kommt eine 12" der Zürcher ab.lib & silvision (Sins), zu der Raffaele Attanasio und ich Remixe beigesteuert haben. Beide EPs haben bislang sehr gute Reaktionen hervorgerufen und mein Remix wurde bereits für die kommende Mix Compilation "Defected presents Loco Dice In The House" lizensiert (die im Juli erscheinen wird). Bis zum Sommer stehen noch EPs von Matthias Fridell (Schweden) und Sean Danke (Island) an und dann fahr' ich erstmal in den Urlaub :)
Mit deinen Labels pflegst du mittlerweile ein weltweites Netzwerk an Künstlern die entweder auf deinem Label releasen oder RemixArbeiten beisteuern. Wie lange dauert ein Aufbau eines solchen Netzwerkes und hat sich in diesem Punkt auch das Internet über die letzten Jahre als hilfreiche Plattform bewiesen? Du bist ja immerhin auch schon eine ganze Weile im Business und kennst daher noch die Zeiten wo es kaum Email Verkehr oder Streaming Plattformen gab.
Affin war schon von Beginn an sehr international aufgestellt, was sicher stark auf die Möglichkeiten des Internets und sog. Social Networks zurückzuführen ist. Richtig, als ich 1999 bei Kompakt "angefangen" habe bin ich nach Köln gefahren, um mich vorzustellen :) Das war damals eher anders und ich glaube nicht, dass dies heute dort noch so praktiziert wird. Allerdings habe ich dadurch auch einen ganz anderen Bezug zum Label und den Leuten dort bekommen diesen persönlichen Bezug vermisse ich dieser Tage ab und an bei "jungen" Acts.
Trotz deines Erfolges bist du in deiner Heimat, bis auf Gigs im Toy und Climax, relativ selten zu hören. Woran liegt das deiner Meinung nach? Immerhin kann man dich als erfolgreichsten, noch hier lebenden, Stuttgarter Künstler bezeichnen.
Gute Frage. Zu beantworten wäre dies jedoch glaube ich eher von Einigen, die primär hier im Nachtleben aktiv sind. ich glaube dass eine Überpräsenz auf Dauer schadet. Es gab hier immer wieder DJs, die regional extrem stark gebucht waren und dadurch über die Zeit stark an Aufmerksamkeit verloren haben. Unterm Strich gilt's da einfach eine gesunde Balance zu halten.
Greifen wir das Thema "noch hier lebender" auf. Viele Kollegen von dir, auch viele Stuttgarter Künstler, haben früher oder später der Heimat den Rücken gekehrt. Vor allem weil man ihrer Meinung nach in Berlin durch die dortige Bündelung der elektronischen Szene bessere Chancen hat. Du bist eigentlich der beste Beweis dafür, dass es auch anders geht. Was hältst du vom ganzen Berlin Hype und warum bist du bisher der Heimat treu geblieben?
Ich finde Berlin eine faszinierende Metropole, das ist keine Frage. Unbestritten laufen dort viele Fäden der elektronischen Musik zusammen. Betrachtet man Techno aber als globales Phänomen, so findet man vielen Zentren, in denen musikalische Entwicklungen stattgefunden haben/stattfinden, die relevant für elektronische Musik waren/sind (z.b. Detroit, …). Man sollte eine globale Bewegung nicht auf eine Stadt reduzieren.
Interessierst du dich für die lokale DJ Szene? Als junger Artist aus Stuttgart würde ich zumindest versuchen ein lokal ansässiges Netzwerk und Label wie Affin zu erreichen. Oder wirst du oftmals von den "Newcomern" gar nicht so richtig wahrgenommen weil dein Sound nicht der aktuellen "In" Etikette entspricht?
Ich interessiere mich durchaus für Entwicklungen, die hier stattfinden und erkenne bei einigen DJs und Veranstaltern Schnittmengen. Ob mein Sound der aktuellen "In" Etikette entspricht weiß ich nicht, aber mittlerweile ist es doch eher schwierig auszumachen was "In" ist, da sich innerhalb der elektronischen Musik so viele Untergenres herauskristallisiert haben. Will sagen, den Maintrend gibt es seit Jahren nicht mehr und wirklich dafür interessiert habe ich mich eh nie. Etiketten sind eher was für den Supermarkt...
In Stuttgart herrscht gerade eine große Debatte zwischen Clubs und Stadt beziehungsweise über die Problematik mit der Polizei und dem Ordnungsamt. Wie siehst du die momentane Situation in Stuttgarts Szene? Und was denkst du, von außen betrachtet, wie es um die Entwicklung und Zukunft der elektronischen Musikszene in Stuttgart steht?
Lustiger weise hat Stuttgart seit kurzem einen OB, der aus Berlin "zugezogen" ist. Mir wäre es wirklich peinlich, Themen wie Sperrstunden mit den Beteiligten zu diskutieren. Unabhängig vom Parteibuch war die Politik doch seit Jahren immer ganz vorn dabei, wenn es darum ging, Privatisierungen durchzusetzen. Daher wundere ich mich sehr, warum nun seltsamerweise im Nachtleben viel konsequenter auf staatliche Institutionen gesetzt werden soll. Ganz abgesehen davon, was hier für ein spießiges gesellschaftliches Klima geschaffen wird, wenn die Bürgersteige hochgeklappt werden, weil die ja nachts nicht verdreckt werden dürfen ausschließlich vom Partyvolk, denn sonst macht in der Stadt ja niemand Dreck. Bedenkt man nur mal welche Kosten bei Veranstaltungen wie dem Volksfest oder bei Fußballspielen anfallen, dann kann man sich eigentlich nur an den Kopf fassen, mit welch provinzieller Geisteshaltung hier vorgegangen wird. Wenn sich diese Entwicklung hier fortsetzt wird das viele Bereiche (nicht nur das Nachtleben) zurückwerfen und Stuttgart unterm Strich mit Sicherheit nicht attraktiver machen. Die Leute wollen am Wochenende feiern, junge Künstler brauchen Raum um sich entfalten zu können. Kurz gesagt, Stuttgart wird in vielerlei Hinsicht provinzieller und langweiliger werden.
Zu guter Letzt, noch irgendwelche Grüße, Statements oder Ankündigungen?
Jeder sollte das machen woran er glaubt, dann klappt's.
www.joachimspieth.de - www.affin-rec.com - www.soundcloud.com/affin