SUBCULTURE SOUNDSESSION #52 - RETTER LEBLANC

Obwohl sich der Bekanntheitsgrad der meisten Stuttgarter DJs auf die lokale Club Szene beschränkt, herrscht seit jeher im Kessel ein qualitatives Level, mit dem nur sehr wenige Szenen anderer Städte mithalten können. Damit dass auch so bleibt, präsentieren wir Euch jeden Monat mit der subculture Soundsession ein exklusives Set aus unserer Soundcity.
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Hallo Jungs. Obwohl ihr schon weit über ein Jahrzehnt mit verschiedensten Projekten im Musikbusiness erfolgreich seid, stellt Euch doch trotzdem kurz für unsere Leser vor.
Felix: Hallo. Ich bin Felix und produziere schon seit vielen Jahren Musik. Mein bisher erfolgreichstes Projekt ist Duptribe, dem ein oder anderen durch die Interpretation von Simon and Garfunkel`s „Sound Of Silence“ bekannt.
Colin: Ich bin Colin, der DJ-Part bei „Retter LeBlanc“. Ihr kennt mich vielleicht von meinen DJ-Gigs in Stuttgart oder bei BigCityBeats im Radio. Nebenbei bin war ich Gründungsmitlied des Labels „Sub Division“.


Unter dem Namen Retter LeBlanc habt ihr Anfang Juni die erste Single "Things We Lost In The Fire" veröffentlicht. Erzählt uns doch erst einmal wie ihr Euch überhaupt zusammengefunden habt und wie ihr das Projekt Retter LeBlanc angegangen seid.
Felix: Wir haben uns vor ca. 5 Jahren in einer Nacht voller Spaß und Alkohol kennen gelernt, als Colin einen Track von mir aufgelegt hatte und wir noch am selben Abend beschlossen, gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen. Ich war allerdings noch mit einem anderen Künstler (Anthony Locks) zu Gange, sodass wir erst in den letzten Monaten gemeinsam durchstarten konnten. Als wir angefangen haben, stellte sich heraus, dass unser Stil sowohl im Radio, als auch im Club spielbar ist. Die Mischung aus klassischem Songwriting, gepaart mit club-tauglichen Elementen ist das Ergebnis, dass man jetzt hören kann. Wir tüfteln eben gerne am Sound, bis wir unsere eigene Note gefunden haben.


Mit der Debut-Single konntet ihr sogar noch am selben Tag auf Platz 47 der Deutschen Dance Charts einsteigen. Kam dieser Erfolg für Euch überraschend? Immerhin ist die elektronische Musikszene in Deutschland über die letzten Jahre manchmal ziemlich unvorhersehbar geworden.
Colin: Stimmt. Bei der Masse an guten Produktionen ist es nicht selbstverständlich, dass sich der Erfolg automatisch einstellt. Dass wir nun in einem Atemzug mit international bekannten Acts wie Phats & Small, Benny Benassi oder Sebastian Ingrosso erwähnt werden, ist natürlich ein Wahnsinns-Gefühl. Selbstverständlich ist so etwas natürlich nie.


Wenn wir schon bei Chartplatzierungen sind können wir gleich beim Thema Qualität ansetzen. Ihr konntet für das Mastering die Sterling Sound Studios in New York gewinnen, die unter anderem Alben von Künstlern wie den Beastie Boys veredelt haben. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Für uns ist Soundqualität sehr wichtig und gerade wenn man sich amerikanische Produktionen anhört, klingen diese immer außergewöhnlich warm und fett, anders als bei vielen deutschen Produktionen, daher kamen wir nicht an den Sterling Sound Studios vorbei.


Man kann dies natürlich auch als ein klares qualitatives Statement betrachten. Habt ihr manchmal das Gefühl, dass gerade qualitative Arbeit in der elektronischen Musik weniger Wertschätzung vom Publikum erfährt?  Oder macht ihr Euch über so etwas keinerlei Gedanken da ihr vor allem dem eigenen Anspruch gerecht werden wollt?
Colin: In erster Linie ist es der eigene Anspruch. Wir machen den Sound, den wir gut finden. Wie schon Quincy Jones sagte: „It's all about sound“. Gute Qualität setzt sich letzten Endes durch und auch das Publikum honoriert das.


Felix, du konntest bereits 2005 mit Duptribe und dem Simon & Garfunkel Cover "Sound of Silence" weit vor dem aktuellen Deep House Boom einen europaweiten Hit feiern. Hättest du damals gedacht, dass es zehn Jahre dauern wird bis sich dieser Sound großflächig durchsetzt?
Mit dem Track war ich wohl in der Tat ein paar Jahre voraus. Damals gab es einen regelrechten Cover-Boom und für mich war es wichtig einen nicht gewöhnlichen Club-Sound abzuliefern, um damit etwas „Neues“ zu erschaffen. Dass sich dieser Stil dann aber viele Jahre später so nachhaltig etablieren würde, war auch für mich überraschend.


Man muss aber Duptribe aus Stuttgart klar als eine der Gründungsväter des aktuell Deep House Trend in der Popmusik bezeichnen. Leider wird so etwas selten in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Ein typisches Dilemma, dass sich durch sämtliche Zeiten und Genres der Musik zieht. Wie steht ihr zu diesem Thema?
Das kann man oftmals nicht beeinflussen. Wir waren der Wegbereiter für einen neuen Stil, der nun von vielen DJs und Produzenten erfolgreich aufgegriffen und weiterentwickelt wird. Wir sehen das eher als Bestätigung für den eigenen Riecher, jetzt müssen wir nur noch an unserem eigenen Timing arbeiten.  ;-)


Felix Retter und Colin LeBlanc - zwei Namen die bereits seit über zehn Jahren mit unterschiedlichsten Projekten Erfolge feiern konnten. Liegt Euch dieses musikalische "Projektmanagement" mehr als dauerhaft an einem Projekt zu arbeiten? Worin liegt für Euch der Reiz stets neue und unterschiedliche Ufer zu erkunden?
Für uns gibt es beides. Songs können auf mannigfaltigste Weise produziert werden. Daher ist oftmals in der Vergangenheit ein Projekt nicht genug gewesen. Jeder Stil hat seine Zeit und jedes Projekt hat andere Köpfe und Ideen. Das hält die Musik lebendig, denn die Kopie der Kopie einer Kopie zu machen... das braucht kein Mensch. Wir wollen mit unserem Sound überraschen und uns auch nicht immer festlegen. Dazu gehört, viel auszuprobieren und zu experimentieren, denn jede Musik besteht nur aus 12 Tönen und die gilt es variabel einzusetzen.


Wie geht es weiter mit Retter LeBlanc? Was habt ihr Euch für kommende Produktionen einfallen lassen? Kann man sich nach Grace Davies auf der Debutsingle auf weitere Kollaborationen freuen? Und steht in Zukunft auf ein Album auf der Agenda?
„Things We Lost In The Fire“ ist gerade veröffentlicht worden und wir warten auf das Feedback von Djs und auch vom Publikum. Wir arbeiten gegenwärtig an einer zweiten Veröffentlichung, die soundtechnisch sehr überraschen, aber dennoch das Siegel „Retter LeBlanc“ tragen wird. Ursprünglich als Club-Track ohne Gesang geplant, bekommt der Song mit der Stimme unserer 16-jährigen Entdeckung einen ganz eigenständigen Drive, so dass wir beim ersten Soundcheck große Augen bekamen und diesen als weitere Single für „Retter LeBlanc“ veröffentlichen werden.


Wie sieht ein Tag mit Euch im Studio aus? Und mit welchem Equipment arbeitet ihr hauptsächlich?
Colin: Es fängt zunächst ganz unspektakulär an. Japanischen Grüntee kochen und Rechner anschmeißen. Ein paar Minuten Privates austauschen, was uns so bewegt und schon zieht es uns vor die Monitore. Meist hat einer von uns eine konkrete Idee, aber oftmals basteln wir uns einen Beat und bauen dann das Stück nach und nach auf.
Zur Technik für die Nerds... wir arbeiten mit einem Mac Pro 12 Core und zwei UAD-Interfaces für die nötige Power. Als Host verwenden wir Logic X, weil es für uns das musikalischste Programm ist. Für die Effekte und EQs benutzen wir Plug-ins von UAD, Brainworx, SSL, Slate, Massenburg... wobei wir beispielweise mehrere EQs verschiedener Hersteller benutzen, da sich nicht jeder EQ für jede Spur eignet.


Seid ihr eigentlich auch als DJs aktiv?
Colin: Ich bin als DJ als Colin LeBlanc aktiv. In Stuttgart war ich schon in vielen Locations, wie zum Beispiel Suite, Schankstelle, Waranga und auch im Kowalski zu Gange, nur um mal einige zu nennen. Ich habe auch lange Zeit im Radio bei BigCityBeats aufgelegt, neben DJ-Größen wie Martin Solveig, David Guetta, Mousse T., Joris Voorn, … . Nette Jungs übrigens.


Kommen wir zu unserer schönen Schwabenmetropole. Verfolgt ihr die elektronische Musikszene in Stuttgart überhaupt aktiv? Und was hat sich Eurer Meinung nach zu früher verändert?
Für Stuttgart ist momentan der HipHop das musikalische Aushängeschild, d.h. außer Fanta4 und Cro gibt es wenige Projekte, die überregional bekannt sind. Dabei gibt es durchaus kreative Talente, die nur auf ihre Entdeckung warten. Stuttgart ist aber nicht gerade die Haupt-Musikmetropole und findet leider in anderen Genres nicht sonderliche Beachtung, das war früher schon deutlich anders.


Anstatt nach Berlin, Ibiza, London oder NewYork zu ziehen habt ihr mit Scoop Recordings auch Euer Label in Stuttgart sitzen. Heimatliebe pur?
Man sagt ja „das Glück liegt in der Ferne“, genau dort, wo man sich gerade nicht befindet. Daher zieht es uns beruflich nicht in die weite Welt, sondern Stuttgart ist die Adresse Nr. 1, da die heutigen, technischen Möglichkeiten es erlauben in der Heimat zu bleiben. Freunde und Familie ziehen ja nicht immer gleich mit.


Zu guter Letzt - was steht bei Euch in der zweiten Jahreshälfte noch alles an?
Neben der Produktion der Nachfolge-Single arbeiten wir bereits an einem Album von Retter LeBlanc und werden bald gemeinsam hinter den Decks stehen. Außerdem bauen wir unser Label Scoop Recordings weiter auf und versuchen andere Künstler für eine VÖ zu gewinnen.


Letzte Grüße, Ankündigungen oder Statements?
Vielen Dank für das Interview. Danke an alle, die uns Supporten!

Facebook: www.facebook.com/retterleblanc


 

Christian Schmidt